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Selbständiges Entschädigungsverfahren

Die §§ 6, 7, 7a, 7b und 7c MedienG sehen Entschädigungsansprüche bei unterschiedlichen Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte einer Person vor: 

  • Entschädigungsansprüche wegen übler Nachrede, Beschimpfung, Verspottung oder Verleumdung (§ 6 MedienG), 
  • Entschädigungsansprüche wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs (§ 7 MedienG), 
  • Entschädigungsansprüche wegen Bekanntgabe der Identität einer Person (§ 7a MedienG), die 
    • Opfer einer gerichtlich strafbaren Handlung geworden ist, 
    • einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig ist oder wegen einer solchen verurteilt wurde oder 
    • Angehörige*r eines Opfers einer gerichtlich strafbaren Handlung oder einer bzw. eines Verdächtigen bzw. Verurteilten ist, oder
    • Zeugin bzw. Zeuge einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung geworden ist.
  • Entschädigungsansprüche wegen Verletzung der Unschuldsvermutung (§ 7b MedienG); 
  • Entschädigungsansprüche wegen Verletzung des Schutzes vor verbotener Veröffentlichung (§ 7c MedienG). 

Höhe der Entschädigung

Das Gesetz sieht für derartige Eingriffe Entschädigungsbeträge für die bzw. den Betroffene*n vor. Die Höhe der Entschädigungsbeträge beläuft sich dabei grundsätzlich auf bis zu 40.000 Euro, in besonders schwerwiegenden Fällen der §§ 6, 7 oder 7c MedienG auf bis zu 100.000 Euro. Besonders schwerwiegende Fälle sind solche, in denen die Veröffentlichung besonders schwerwiegende Auswirkungen hat und durch grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten der Medieninhaberin bzw. des Medieninhabers oder deren bzw. dessen Mitarbeiter*innen verursacht wurde. 

Beginn des Verfahrens

Wie das Privatanklageverfahren wird auch das selbständige Entschädigungsverfahren durch die bzw. den Betroffene*n selbst ausgelöst, diese*r muss also von sich aus aktiv werden. 

Das selbständige Entschädigungsverfahren beginnt durch einen Antrag der bzw. des Betroffenen, der bei Gericht einzubringen ist. Zuständig ist das (für Strafsachen zuständige) Landesgericht, in dessen Sprengel die bzw. der Medieninhaber*in den Wohnsitz, Aufenthalt oder Sitz hat (§ 40 Abs. 1 MedienG). Die Suche nach dem zuständigen Gericht ist auf der Homepage der österreichischen Justiz möglich.

Der Antrag muss den Anforderungen an eine Privatanklage entsprechen (siehe dazu den Beitrag „Wie läuft das Strafverfahren ab?“). 

Frist für den Antrag

Der Antrag muss grundsätzlich binnen sechs Monaten nach der erstmaligen Abrufbarkeit der Veröffentlichung eingebracht werden (§ 8a Abs. 2 MedienG).

Für bestimmte Opfer (§ 65 Z 1 lit. a und b StPO) beträgt die Frist für die Antragstellung allerdings ein Jahr: Dies sind

  • Opfer von Gewalt oder gefährlicher Drohung, 
  • Opfer, die in ihrer sexuellen Selbstbestimmung beeinträchtigt wurden oder deren persönliche Abhängigkeit durch eine solche Straftat ausgenützt worden sein könnte, sowie
  • bestimmte Angehörige eines Opfers, wenn dieses durch die Straftat zu Tode gekommen ist, und zwar dessen
    • Ehegattin bzw. Ehegatte, eingetragene*r Partner*in, Lebensgefährt*in, Verwandte in gerader Linie, Schwestern oder Brüder oder Unterhaltsberechtigte, sowie
    • andere Angehörige, die Zeug*innen der Tat waren.

Antragsgegner*in

Der Antrag richtet sich immer gegen die bzw. den Medieninhaber*in (§ 1 Abs. 1 Z 8 MedienG). Das ist die Person oder das Unternehmen, die bzw. das – im Wesentlichen – für die inhaltliche Gestaltung der Veröffentlichung letztverantwortlich ist. Das können beispielsweise Inhaber*innen von Profilen in sozialen Netzwerken sein, Betreiber*innen von Blogs oder auch Zeitungsherausgeber*innen.

Informationen zur Möglichkeit, eine*n Medieninhaber*in ausforschen zu lassen, finden Sie im Beitrag „Wie läuft das Strafverfahren ab?“ im Unterpunkt „Antrag auf Ausforschung der bzw. des Beschuldigten“.

Wird gegen die bzw. den Medieninhaber*in auch ein Strafverfahren geführt, so können die Entschädigungsansprüche nach den §§ 6, 7, 7a, 7b und 7c MedienG auch in diesem Strafverfahren geltend gemacht werden. Ein selbständiger Antrag gegen die bzw. den Medieninhaber*in und ein selbständiges Verfahren sind dann nicht erforderlich. 

Weiterer Ablauf des Verfahrens

Das Gericht entscheidet über den Antrag in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. 

Für das Verfahren steht der bzw. dem Antragsteller*in (dem Opfer) psychosoziale und juristische Prozessbegleitung zu (§ 41 Abs. 9 MedienG).

Das Verfahren endet mit einem Urteil, mit welchem dem Opfer als Antragsteller*in ein Entschädigungsbetrag zugesprochen oder der Zuspruch eines solchen abgelehnt wird. 

Das Urteil kann mit Berufung angefochten werden. 

Wird ein Entschädigungsbetrag rechtskräftig zuerkannt, so hat die bzw. der Medieninhaber*in diesen Betrag binnen 14 Tagen zu zahlen. 

Gebühren und Kosten im selbständigen Entschädigungsverfahren

Der selbständige Antrag ist gebührenpflichtig, bei seiner Einbringung sind 269 Euro zu zahlen (Stand: 1. Jänner 2021).

Wird die bzw. der Antragsgegner*in rechtskräftig zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt, muss diese*r der bzw. dem Antragstellerin*in die Gebühr für die Einbringung des Antrags ersetzen. Wurde die bzw. der Antragstellerin*in durch eine Rechtsanwältin bzw. einen Rechtsanwalt vertreten, sind auch diese Vertretungskosten, soweit notwendig, zu ersetzen.

Kommt es hingegen zu keinem rechtskräftigen Zuspruch einer Entschädigung, müssen Antragsteller*innen lediglich der bzw. dem Angeklagten die Kosten der anwaltlichen Vertretung ersetzen (§ 393 Abs. 4a StPO). Solche Kosten können nur anfallen, wenn sich die bzw. der Antragsgegner*in von einer Rechtsanwältin bzw. einem Rechtsanwalt vertreten lässt. 

Vom Ersatz aller anderen Kosten des selbstständigen Entschädigungsverfahrens (zB Zeug*innen-, Sachverständigen- oder Dolmetsch-Gebühren) sind Antragsteller*innen wegen Hass im Netz-Delikten grundsätzlich befreit. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein*e Antragsteller*in den Vorwurf wissentlich falsch erhoben hat (§ 390 Abs. 1a StPO).

Lesen Sie hier weiter:

Einziehung (Löschung der verletzenden Veröffentlichung)