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Täter:innenarbeit

​​​​​Strafrechtliche Einordnung: Erschwerungsgrund

Zahlreiche Regelungen im Strafgesetzbuch stellen Taten unter Gewaltanwendung bzw. Gewaltandrohung unter Strafe, so zum Beispiel bei den strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung einer Person. Bei all diesen Handlungen stellt es einen besonderen Erschwerungsgrund dar, wenn die Tat zu Lasten eines Angehörigen begangen wurde. Das bedeutet, dass bei der Abwägung, welche Strafe angemessen ist, die Tatsache erschwerend wirkt, wenn die Tat gegen eine:n Angehörige:n begangen wurde. Als Angehörige im Sinne des Strafgesetzbuches versteht man u.a. (frühere) Eheleute, Kinder, eingetragenen Partner:innen, Lebensgefährtinnen:Lebensgefährten oder mit dem Opfer zusammenlebende Personen.

Resozialisierung, Anti-Gewalt-Training

Männer, die bereits gewalttätig geworden sind und ihre Strafe in Haft verbüßen bzw. aus der Haft entlassen wurden, lernen im Strafvollzug Möglichkeiten, wie auf Aggressionen angemessen reagiert werden kann.

Darüber hinaus kann von den Justizbehörden die Durchführung eines Anti-Gewalt-Trainings durch den:die Täter:in auf folgende Weise angeordnet werden:

  • im Zuge einer Diversion,
  • als gelinderes Mittel zwecks Substitution der Untersuchungshaft oder
  • als Weisung nach einer bedingten Strafnachsicht oder einer bedingten Entlassung

Handelt es sich bei dem Anti-Gewalt-Training um eine psychotherapeutische Behandlung, ist dafür die Zustimmung des davon Betroffenen erforderlich; andernfalls kann das Anti-Gewalt-Training von den Justizbehörden auch ohne Zustimmung des Betroffenen verpflichtend angeordnet werden. Zu berücksichtigen ist dabei aber auch, dass es sich bei der Diversion um ein bloßes Angebot der Justizbehörden handelt, unter bestimmten Voraussetzungen (vorläufig) von der Verfolgung einer Straftat zurückzutreten, welches von einer Annahme durch den:die Beschuldigte:n abhängig ist.

In den österreichischen Justizanstalten sind flächendeckend Psychologinnen:Psychologen und Sozialarbeiter:innen beschäftigt, die in Einzel- und Gruppensettings an den individuell rückfallrelevanten Persönlichkeitsfaktoren der Insassinnen:Insassen arbeiten und einen risikominimierenden sozialen Empfangsraum für die Zeit nach der Entlassung etablieren, mit dem Ziel neuerliches gewalttätiges Verhalten zu verhindern. Durch die Auseinandersetzung der Täter:innen mit ihrer Gewalttätigkeit, der Ursachenanalyse, dem Erkennen von Risikosituationen und in weiterer Folge dem Erlernen von Handlungsalternativen wird ein essentieller Beitrag für die Präventionsarbeit und die Resozialisierung geleistet.

Das „Psychologische Behandlungsprogramm für Gewalttäter:innen – PSYBEG“, ein Anti-Gewalttraining, das speziell für inhaftierte Straftäter:innen entwickelt wurde und in den Justizanstalten Anwendung findet, ist an dieser Stelle besonders zu erwähnen.

Das Anti-Gewalt-Training beim Verein „NEUSTART“ ist eine weitere Möglichkeit, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen beziehungsweise sich selbst besser kennenzulernen. Zu wissen, wer man ist und woher man kommt, die eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu kennen, macht den Umgang mit dem Gegenüber einfacher und respektvoller. Erst dann werden die Teilnehmer:innen mit der begangenen Straftat konfrontiert. Ihr Tun an dem Tag der Tat wird in der Gruppe besprochen oder nachgestellt. Der Kommentar jedes einzelnen Gruppenmitglieds wird ernst genommen. Es geht darum, gemeinsam alternative Lösungswege zu finden, um künftig eine andere Entscheidung treffen zu können. Je größer und vielfältiger der gewaltfreie Handlungsspielraum ist, umso leichter fällt es, „Nein“ zu sagen.

Die Gruppe der „Expertinnen:Experten“ besteht aus 14 individuellen Persönlichkeiten, die einen großen Pool an Erfahrungen und Ideen mitbringen.

Wichtig ist insbesondere, dass die Täter:innenarbeit nach den Grundsätzen opferschutzorientierter Täter:innenarbeit abläuft. Das bedeutet, dass die Sicherheit, die Unterstützung und die Menschenrechte der Opfer ein vorrangiges Anliegen sind. Durch die Arbeit mit Tätern, die Gewalt gegen die Partnerin oder Ex-Partnerin ausüben, soll diese Gewalttätigkeit nachhaltig beendet werden.

Links:

Neustart

Hilfe für gewalttätige Menschen (oesterreich.gv.at)

Männerberatung

Fallkonferenzen

Einen weiteren Bereich, der aufgrund seiner enormen Bedeutung weiterhin ausgebaut werden muss, stellen die multi-institutionellen/interdisziplinären Fallkonferenzen dar. Besonders bei Fällen von häuslicher Gewalt, von Gewalt gegen Frauen und Kinder, wo eine Vielzahl an entscheidenden Faktoren zu unterschiedlichen Zeitpunkten von verschiedenen Stellen und Behörden beachtet werden müssen, bedarf es einer schnellen und effizienten Zusammenarbeit. Dabei besonders involviert sind folgende Stellen bzw. Behörden:

  • Staatsanwaltschaft
  • Strafrichter:innen
  • Polizei
  • Familiengerichte/Bezirksgerichte
  • Strafvollzug
  • Opferschutzeinrichtungen
  • Bewährungshilfe/Täter:innenprogramme

Fallkonferenzen behandeln Fälle von Hochrisikosituationen im Bereich Gewalt an Frauen und häuslicher Gewalt mit dem Ziel, wiederholte und schwere Gewalt zu verhindern und die Betroffenen zu schützen. Sie können von der Sicherheitsbehörde (= Polizei) einberufen werden, setzen sich aus einem multi-institutionellen/interdisziplinären Team von Fachleuten zusammen und zielen darauf ab, Informationen über Gefährlichkeitsfaktoren systematisch zu sammeln und von mehreren Fachleuten analysieren und bewerten zu lassen. Schließlich sollen daraus Maßnahmen entwickelt werden, die auf die aktuelle Situation abgestimmt und koordiniert sind und zum wirkungsvollen Schutz von Betroffenen beitragen bzw. Gefährder:innen an der Ausübung weiterer Gewalt hindern.

Link:

Interventionsstelle Wien