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Prüfung von Berichten und Erteilung von Weisungen

Prüfung durch die Oberstaatsanwaltschaft

Die für Prüfung eines Sachverhalts zuständigen Staatsanwaltschaften haben in den im Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG) geregelten Fällen Berichte an die jeweilige Oberstaatsanwaltschaft zu erstatten. Wenn über ein erst beabsichtigtes Vorhaben zu berichten ist, werden dem Bericht die Ermittlungsakten zur Prüfung angeschlossen bzw der Zugriff auf den elektronisch geführten Akt freigeschaltet. Denn die Oberstaatsanwaltschaft prüft gemäß § 8a StAG nicht nur die rechtliche Beurteilung des Falles, sondern auch die Beweiswürdigung der Staatsanwaltschaft.

Die Oberstaatsanwaltschaften haben die erstatteten Berichte zu genehmigen, wenn keine Einwände gegen das in Aussicht genommene Vorgehen bestehen.

Erachtet die Oberstaatsanwaltschaft jedoch die Beweiswürdigung der untergeordneten Staatsanwaltschaft als nicht vertretbar oder vertritt sie eine andere Rechtsansicht und kommt etwa zum Ergebnis, dass anstatt einer Beendigung des Ermittlungsverfahrens weitere Ermittlungsmaßnahmen durchzuführen sind, hat sie eine Weisung zur Sachbehandlung (§ 29 Abs 1 StAG) zu erteilen.

Dabei handelt es sich um einen verbindlichen Auftrag an die Staatsanwaltschaft zu einer Änderung der im Bericht vorgeschlagenen Vorgangsweise, des Ergebnisses oder der wesentlichen Begründung einer staatsanwaltschaftlichen Erledigung. Eine Weisung ist stets zu begründenschriftlich auszuführen und zum Ermittlungsakt zu nehmen. Sie kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen, beispielsweise, wenn dadurch der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre, vorläufig von der Akteneinsicht ausgenommen werden.

Prüfung durch das Bundesministerium für Justiz

Wenn eine vorhabensberichtspflichtige Sache zudem auch eine überregionale Bedeutung aufweist (§ 8a Abs 2 StAG), muss die Oberstaatsanwaltschaft den Bericht der Staatsanwaltschaft an das Bundesministerium für Justiz übermitteln. Dabei hat sie eine Stellungnahme anzuschließen, ob gegen das von der Staatsanwaltschaft beabsichtigte Vorgehen oder die Art der zur Genehmigung vorgelegten Erledigung ein Einwand besteht und gegebenenfalls, welche als zweckmäßig erachteten Veranlassungen (insbesondere Weisungen zur Sachbehandlung) die Oberstaatsanwaltschaft daher zu treffen beabsichtigt.

Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben prüft die zuständige Sektion im Bundesministerium für Justiz das Vorhaben grundsätzlich nur in rechtlicher Hinsicht auf der Grundlage des Berichtes der Staatsanwaltschaft und der Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft. Im Falle einer beabsichtigten Anklageerhebung ist der Entwurf der Anklageschrift/des Strafantrags anzuschließen.

Der Ermittlungs- oder Strafakt wird dem Bundesministerium für Justiz grundsätzlich nicht vorgelegt, weil die Vornahme einer eigenständigen Beweiswürdigung durch das Bundesministerium für Justiz im Gesetz nicht vorgesehen ist. Nach dem Gesetz obliegt die Würdigung der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens im Fall einer Anklage ausschließlich dem Gericht nach Durchführung des zur unmittelbaren Beweisaufnahme vorgesehenen „Beweisverfahrens“.

Das Bundesministerium für Justiz prüft gemäß § 29a Abs 1a StAG zunächst, ob

  • der Bericht über entscheidende Tatsachen undeutlich, unvollständig, mit sich im Widerspruch oder nur offenbar unzureichend begründet ist,
  • zwischen den Angaben des Berichts und jenen des Erledigungsentwurfs ein erheblicher Widerspruch besteht oder
  • im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts ein Gesetz verletzt oder unrichtig angewendet wurde.

Zur Aufklärung von Bedenken oder Anhaltspunkten für Unvollständigkeiten kann das Bundesministerium für Justiz erforderlichenfalls die bezughabenden Akten oder Aktenteile anfordern. Lassen sich die Bedenken durch Einsicht in die angeforderten Unterlagen nicht beseitigen oder ergibt die Prüfung der vorgelegten Unterlagen, dass entgegen der Ansicht der untergeordneten Instanzen weitere Ermittlungen vorzunehmen oder das Ergebnis und/oder die wesentliche Begründung des in Aussicht genommenen Vorhabens zu ändern sind, hat der:die Bundesminister:in für Justiz eine Weisung zur Sachbehandlung zu erteilen.

Im Interesse der Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind sämtliche Weisungen des Bundesministeriums für Justiz schriftlich auszufertigen und zu begründen. Der:die Bundesminister:in für Justiz hat dem Nationalrat und dem Bundesrat zudem über alle von ihm:ihr erteilten Weisungen zu berichten, sobald das der Weisung zu Grunde liegende Verfahren beendet wurde (Weisungsbericht).

Besteht kein Anlass für die Erteilung einer Weisung zur Sachbehandlung oder für einen Vorbehalt der Entscheidung (aufgrund einer erst abzuklärenden Änderung der Beurteilungsgrundlage), ist das Vorhaben zu genehmigen (das heißt, dass der Bericht „zur Kenntnis genommen“ wird).

Bei Bedarf kann auf Anordnung der Oberstaatsanwaltschaft bzw. des Bundesministeriums für Justiz die Berichterstattung, Prüfung und Festlegung der weiteren Vorgangsweise auch im Rahmen einer Dienstbesprechung erfolgen. Das Ergebnis der Dienstbesprechung ist in einer Niederschrift festzuhalten, die von sämtlichen anwesenden Personen zu unterfertigen ist. Wurde dabei eine Weisung an die Staatsanwaltschaft erteilt, ist diese gesondert schriftlich auszufertigen und zum Ermittlungsakt zu nehmen. 

Um schon den Anschein einer politischen Einflussnahme auf die Arbeit der Staatsanwaltschaften auszuschließen, hat der:die Bundesminister:in für Justiz dem organisatorisch an die Generalprokuratur angebundenen Weisungsrat Strafsachen,

  1. in denen durch den:die Bundesminister:in für Justiz eine Weisung zur Sachbehandlung in einem bestimmten Verfahren erteilt werden soll,
  2. bei denen es sich um Strafsachen gegen oberste Organe der Vollziehung (Art 19 B-VG: Bundespräsident, Bundesminister, Staatssekretäre und Mitglieder der Landesregierungen), Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofs, des Obersten Gerichtshofs sowie der Generalprokuratur handelt, oder
  3. wenn es der:die Bundesminister:in für Justiz wegen des außergewöhnlichen Interesses der Öffentlichkeit an der Strafsache, insbesondere bei wiederholter und überregionaler medialer Berichterstattung oder aus Befangenheitsgründen für erforderlich hält,

zur Äußerung vorzulegen. 

Wenn der:die Bundesminister:in für Justiz einer Äußerung des Weisungsrats im Ergebnis keine Rechnung trägt, ist die betreffende Äußerung samt der Begründung des Bundesministeriums für Justiz für das abweichende Vorgehen ebenfalls in den Weisungsbericht an das Parlament aufzunehmen.