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Verhetzung

Hasspostings können verschiedene Straftatbestände erfüllen. Von besonderer praktischer Relevanz ist Verhetzung (§ 283 StGB). Dieser Tatbestand umfasst verschiedene Verhaltensweisen.

1. Aufruf zu Gewalt oder Hass (§ 283 Abs. 1 Z 1 StGB)

Nach § 283 Abs 1 Z 1 StGB macht sich strafbar, wer

  • öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen1 zugänglich wird2,
  • zu Gewalt auffordert3 oder zu Hass aufstachelt4
  1. gegen eine Kirche oder
  2. Religionsgesellschaft oder
  3. gegen eine Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe, wenn diese Gruppe nach den vorhandenen oder fehlenden5 Kriterien
  • der Rasse,
  • der Hautfarbe,
  • der Sprache,
  • der Religion,
  • der Weltanschauung6,
  • der Staatsangehörigkeit,
  • der Abstammung,
  • der nationalen oder ethnischen Herkunft,
  • des Geschlechts,
  • einer Behinderung,
  • des Alters oder
  • der sexuellen Ausrichtung

definiert ist.

Erläuterung der Begriffe

1) Viele Menschen sind ab einem Richtwert von 30 Personen anzunehmen.

2) Tatsächliches Empfangen des Aufrufs ist nicht erforderlich.

3) Unter „auffordern“ ist jede Äußerung, die darauf gerichtet ist, in (zumindest einem) anderen unmittelbar den Entschluss zur Vornahme der bezeichneten Handlung hervorzurufen, zu verstehen.

4) Die Formulierung „Aufstacheln zu Hass“ entspricht der früheren Tathandlung des „Hetzens“. Darunter ist nach der Rechtsprechung eine in einem Appell an Gefühle und Leidenschaften bestehende tendenziöse Aufreizung zum Hass und zur Verachtung zu verstehen.

5) Die geschützte Gruppe kann sowohl positiv als auch negativ formuliert sein, was durch die Wortfolge „vorhandenen oder fehlenden Kriterien“ zum Ausdruck kommt. Damit unterliegt auch die pauschale Hetze gegen „Ausländer*innen“ oder „Ungläubige“ dem Tatbestand.

6) Darunter wird das Menschen- und Weltbild, die Lebensanschauung einer Person verstanden.

Beispiele aus der Rechtsprechung
(Bei den folgenden Beispielen handelt es sich um Originalzitate aus echten Fällen, die jeweils zu einer gerichtlichen Verurteilung wegen Verhetzung geführt haben. Vom Inhalt der Zitate distanziert sich das Bundesministerium für Justiz.)

  • Besprühen eines Bauwerks mit Hakenkreuzen mit den Worten „HASS“ und „Türken Raus“ (OGH, 15 Os 203/98).
  • Scheiß-Zigeuner, ihr gehört alle weggeräumt, …“ (OLG Wien, 22 Bs 181/91).
  • die schlitzaugn sind das hinterletzte scheissvolk dass es gibt – ich würd die alle mit lachendem gesicht abknallen. obwohl das eigentlich viel zu human wäre!!“ (LG Wels, 25 Hv 20/15f).
  • Nur sind meiner Meinung Moslems keine Lebewesen, sondern primitive radikale Individien!! Und Unkraut gehört vernichtet!“ und „Wir wollen keine Türkenfotzenschweine!“ (LG für Strafsachen Wien, 91 Hv 16/15m).
  • "Wann wehren wir uns ... schlagen zurück ... zerschlagen sie ... warum passiert das nicht...die Moslems gehören vernichtet..." (LG Korneuburg, 501 Hv 13/16a).
  • Stecht die Asylanten alle ab…“ (LG Klagenfurt, 72 Hv 26/16b).
  • Ein Sturmgewehr und ein paar Magazine lösen diese Probleme in Sekunden. Ich verstehe ABSOLUT NICHT warum hier nicht UMGEHEND auf den genetischen Sondermüll (Anm: Migrant*innen bzw. Flüchtlinge) geschossen wird." (LG Salzburg, 47 Hv 73/16k).
 

2. Beschimpfen (§ 283 Abs. 1 Z 2 StGB)

Nach § 283 Abs 1 Z 2 StGB macht sich strafbar, wer

  • öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird
  • eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen oder eine Person wegen der Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe
  • in der Absicht1, die Menschwürde der Mitglieder der Gruppe oder der Person zu verletzen2,
  • in einer Weise beschimpft3, die geeignet ist, diese Gruppe oder Person in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen4 oder herabzusetzen.

Erläuterung der Begriffe

1) Es muss der bzw. dem Täter*in darauf ankommen, die Menschenwürde anderer zu verletzen (Vorsatzform der Absichtlichkeit).

2) Die Menschenwürde wird verletzt, wenn durch die Tathandlung den Angehörigen der angegriffenen Gruppe unmittelbar oder mittelbar das Recht auf Menschsein schlechthin abgesprochen wird, indem ihnen etwa das Lebensrecht als gleichwertige Bürger*innen bestritten wird oder sie als minderwertige oder wertlose Teile der Gesamtbevölkerung dargestellt werden. Eine Verletzung der Menschenwürde liegt auch vor, wenn nachträglich eine bereits stattgefundene Verletzung gutgeheißen wird.

3) Beschimpfen ist nicht nur das Belegen mit Schimpfwörtern jeder Art, sondern auch die Bekundung der Missachtung durch Zeichen und Gebärden (z.B. das Zeigen des „Vogels“) oder Handlungen (z.B. Anspucken).

4) Jemanden verächtlich macht eine Person, welche die andere Person als der Achtung ihrer Mitmenschen unwert oder unwürdig hinstellt, sie also deren Verachtung aussetzt.

Beispiele aus der Rechtsprechung
(Bei den folgenden Beispielen handelt es sich um Originalzitate aus echten Fällen, die jeweils zu einer gerichtlichen Verurteilung wegen Verhetzung geführt haben. Vom Inhalt der Zitate distanziert sich das Bundesministerium für Justiz.)

  • Weg mit die Juden! Wegweg mit de judei Grüpin!!! Fas und aus is mit den untermänschen“ (LG Steyr, 13 Hv 140/14d)
  • Verdammte Homos! […] P.s. Ihr gehört gesteinigt.“ (LG Salzburg, 41 Hv 144/14d).
  • Muslime sind Inzuchtler, Kinderficker und ohne Hirn.“ (LG Klagenfurt, 14 Hv 52/15w).
  • Drecks Ausländer gregn olles gezohlt und ana von uns konn schuan wie er zrecht kummt! Am besten wie Österreich daschias ma an nochn andern von dem Gsindl! Dann wean sich de ondan schon überlegen, ob sie zu uns kemmen!...darum kean die daschossen, dass die andern nema nachkommen…weil bei uns gibt`s genug Leute, die a Hilfe bracuhen, taten, aber kane kregn! Und des scheiß Drecks Gsindl greg alles, von ana Wohnung angfangen […]“ (LG Klagenfurt, 16 Hv 36/15k).
  • Perverse Schweine (Anm: Transsexuelle bzw. Transgender Personen) gab es leider immer mehr wie man sieht. Tragisch. Da verstehe ich den Führer manchmal, weil es sich um genetisches Mist handelt“ (LG Linz, 24 Hv 25/15d).
  • Moslemische Scheiße feige Dreckschweine! Einfach a behindertes primitives Volk“ (LG Ried im Innkreis, 10 Hv 21/16x).
  • Horde zurückgebliebener Esel (Anm: Flüchtlinge) [...]. Gablitz soll aufpassen, dass wir nicht zur Pilgerstätte für Asylgeziefer werden.“ (LG St. Pölten, 35 Hv 33/16a).

 

3. Leugnen von Völkermord (§ 283 Abs. 1 Z 3 StGB)

Nach § 283 Abs. 1 Z 3 StGB macht sich strafbar, wer

  • öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird,
  • gerichtlich festgestelltem Völkermord oder Kriegsverbrechen (§§ 321 bis 321f sowie § 321k StGB)
  • billigt, leugnet, gröblich verharmlost oder rechtfertigt,
  • wobei die Handlung gegen eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe gerichtet ist und
  • in einer Weise begangen wird, die geeignet ist, zu Gewalt oder Hass gegen solch eine Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe aufzustacheln.

 

4. Öffentliches Verfügbarmachen von verhetzendem schriftlichen Material, Bildern oder anderen Darstellungen (§ 283 Abs. 4 StGB)

Strafbar nach § 283 Abs. 4 StGB macht sich, wer

  • wenn er nicht bereits als an einer Handlung nach den Abs. 1 bis 3 Beteiligter mit strengerer Strafe bedroht ist1,     
  • schriftliches Material, Bilder oder andere Darstellungen von Ideen oder Theorien, die Hass oder Gewalt gegen eine in Abs. 1 Z 1 bezeichnete Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe befürworten, fördern oder dazu aufstacheln,
  • in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise, wodurch diese einer breiten Öffentlichkeit2 zugänglich werden,
  • in gutheißender oder rechtfertigender Weise3
  • verbreitet oder anderweitig öffentlich verfügbar macht.

Erläuterung der Begriffe

1) § 283 Abs. 4 StGB ist ein Auffangtatbestand, der nicht zur Anwendung kommt, wenn bereits § 283 Abs. 1 bis 3 StGB erfüllt sind.

2) Die breite Öffentlichkeit ist mit einem Richtwert von rund 150 Menschen anzusetzen.

3) Verbreitungen, denen eine kritische Intention zugrunde liegt, sind nicht strafbar.

 

Strafdrohungen

§ 283 Abs. 1 StGB sieht eine Grundstrafdrohung von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe vor. Eine höhere Strafe, nämlich Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, sieht das Gesetz vor, wenn die Tathandlungen einer breiten Öffentlichkeit (= ab ca. 150 Personen) zugänglich werden (§ 283 Abs. 2 StGB). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die bzw. der Täter*in ein Posting verfasst, das für mindestens 150 Freunde einsehbar ist. „Zugänglich“ ist dabei nicht gleichbedeutend mit (tatsächlich) zugegangen.

Bewirkt die bzw. der Täter*in, dass andere Personen gegen die Gruppe oder ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Gewalt ausüben, beträgt die Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (§ 283 Abs. 3 StGB).

Die Tat nach § 283 Abs. 4 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen bedroht.

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Welche Unterstützung gibt es für Opfer von Hass im Netz?
Wie läuft das Strafverfahren ab?