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Bundesgesetz, mit dem straf- und medienrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden – Ministerialentwurf

Der vorliegende Entwurf dient der Umsetzung der im Regierungsprogramm 2020-2024 (siehe auch den Ministerratsvortrag „Maßnahmenpaket der Bundesregierung zur effizienten Bekämpfung von Hass und Gewalt im Netz und anderer digitaler Kriminalitätsformen“ - Zirkulationsbeschluss vom 9. Juli 2020 -) vorgesehenen medien- und strafrechtlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs im Bereich des materiellen Strafrechts:

  1. Ausweitung des Tatbestandes des § 107c des Strafgesetzbuches (StGB) („Fortdauernde“ statt fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems – „Cybermobbing“);
  2. Einführung des neuen Straftatbestandes gegen unbefugte Bildaufnahmen, insb. „Upskirting“ (§ 120a StGB);
  3. Erweiterung des Tatbestandes des § 283 Abs. 1 Z 2 StGB (Verhetzung) durch Aufnahme von die Menschenwürde verletzenden Individualbeleidigungen gegen Angehörige geschützter Gruppen und damit Gleichstellung mit solchen Beleidigungen geschützter Gruppen.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs im Bereich des Medienrechts:

  1. Ausdehnung des Identitätsschutzes auf Angehörige von Opfern sowie auf Zeug*innen von Straftaten (§ 7a Abs. 1a des Mediengesetzes [MedienG]);
  2. Entsprechend dem Auftrag im Regierungsprogramm, „bei Verletzung des Identitätsschutzes bzw. bei bloßstellender Berichterstattung über Opfer von Straftaten“ die „Entschädigungsbeträge im MedienG“ zu erhöhen: deutliche Anhebung der Entschädigungshöchstbeträge nach §§ 7, 7a und 7b; zugleich auch Inflationsanpassung und einheitliche Höhe für alle fünf Entschädigungstatbestände (§§ 6, 7, 7a, 7b und 7c MedienG) von 40.000 Euro, in besonders schweren Fällen (besonders schwerwiegende Auswirkungen der Rechtsverletzung und besonders schwerwiegende Verstöße gegen die gebotene journalistische Sorgfalt) von 100.000 Euro; Einführung einer Untergrenze (§ 8 Abs. 1 MedienG);
  3. Verlängerung der Frist von sechs Monaten zur Geltendmachung der Ansprüche auf ein Jahr für Opfer, die von einer Straftat besonders betroffen sind, und auf nahe Angehörige des Opfers eines Tötungsdelikts und Zeug*innen einer solcher Tat (§ 8a Abs. 2 MedienG);
  4. Anpassung der Regelungen über die Verjährung (der Strafbarkeit) eines Medieninhaltsdelikts für abrufbare periodische elektronische Medien (§ 1 Abs. 1 Z 5a lit. b MedienG), also insbesondere Websites, indem festgelegt wird, dass die Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn die Mitteilung oder Darbietung gelöscht wird (§ 32 MedienG);
  5. Klarstellung, dass die Verjährung (der Strafbarkeit) eines Medieninhaltsdelikts die Einziehung und die Urteilsveröffentlichung nicht hindern (§ 33 Abs. 2, § 34 Abs. 3 MedienG);
  6. In Fällen, in denen die inkriminierte Äußerung zwar gegen eine bestimmte Person gerichtet, aber in Wahrheit dadurch motiviert ist, dass diese Person ihrer beruflichen Tätigkeit nachgeht, also ihr eigentliches Ziel die bzw. der Arbeit- oder Dienstgeber*in der Person ist, und die inkriminierte Äußerung eine derartige Intensität erreicht, dass die Möglichkeiten der Arbeit- oder Dienstgeberin bzw. des Arbeit- oder Dienstgebers, die Person einzusetzen, nicht unerheblich beeinträchtigt oder das Ansehen der Arbeit- oder Dienstgeberin bzw. des Arbeit- oder Dienstgebers erheblich geschädigt werden könnten, so soll der bzw. dem Arbeit- oder Dienstgeber*in die Befugnis eingeräumt werden, einen Antrag auf Einziehung zu stellen (§ 33a MedienG);
  7. Einziehung (einschließlich der von der bzw. vom Arbeit- oder Dienstgeber*in beantragten), Urteilsveröffentlichung und Beschlagnahme (§§ 33, 33a, 34 und 36) sollen, wenn die bzw. der Medieninhaber*in (§ 1 Abs. 1 Z 8) nicht greifbar ist, weil er sich etwa im Ausland befindet, auch direkt der bzw. dem Hostingdiensteanbieter*in (Hostprovider*in) angeordnet werden können (§ 36b MedienG);
  8. Anpassung der Verfahrensbestimmungen im MedienG an die in der Strafprozessordnung (StPO) (§ 71) vorgeschlagene Möglichkeit, dass es auch im Privatanklageverfahren ein Ermittlungsverfahren gibt (§ 41 Abs. 5 MedienG);
  9. Schaffung der Rechtsgrundlage dafür, dass psychosoziale und juristische Prozessbegleitung auch in selbständigen Verfahren (§ 8a) über Entschädigungsansprüche (§§ 6, 7, 7a, 7b und 7c MedienG) sowie über Ansprüche auf Einziehung und Urteilsveröffentlichung (§ 33 Abs. 2 und § 34 Abs. 3 MedienG) gewährt werden kann (§ 41 Abs. 8 MedienG), und zwar für den selben Personenkreis und im selben Umfang wie in der StPO (§ 66b StPO) vorgeschlagen.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs im Bereich des Strafprozessrechts:

  1. Neustrukturierung und Ausweitung der Prozessbegleitung auf bestimmte Opfer (minderjährige Zeug*innen von Gewalt im sozialen Nahraum und Opfer „typischer“ Hass im Netz-Delikte) im Zuge der neu geschaffenen Bestimmung des § 66b StPO;
  2. Schaffung einer Möglichkeit zur erleichterten Ausforschung des Täters bei Privatanklagedelikten, die im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen werden, durch Neuregelung des § 71 StPO;
  3. Ergänzung des § 76a StPO um sonstige Diensteanbieter (§ 3 Z 2 des E-Commerce-Gesetzes [ECG]);
  4. Entfall der Kostenersatzpflicht der Privatanklägerin bzw. des Privatanklägers für die Verfahrenskosten bei Strafverfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB) und Beleidigung (§ 115 StGB).

Die Begutachtungsfrist endet am 15. Oktober 2020.

Nachstehend der Ministerialentwurf eines Bundesgesetzes, mit dem straf- und medienrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden, samt Erläuterungen und Wirkungsorientierter Folgenabschätzung (WFA) sowie die Textgegenüberstellung.

Gesetzestext (PDF, 356 KB) (Stand: 4. September 2020)
Erläuterungen (PDF, 431 KB) (Stand: 4. September 2020)
Textgegenüberstellung (PDF, 631 KB) (Stand: 4. September 2020)
Vorblatt und Wirkungsorientierte Folgenabschätzung (WFA) (PDF, 495 KB) (Stand: 4. September 2020)