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Bundesgesetz, mit dem das Grundbuchsumstellungsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Außerstreitgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Grundbuchs-Novelle 2023 – GB-Nov 2023) - Ministerialentwurf Die Begutachtungsfrist läuft bis 19. Oktober 2023

Kurzinformation zur Grundbuchsnovelle 2023

1. Umsetzung der Entscheidung des EGMR vom 6. April 2021, 5434/17, Liebscher/Österreich

Mit dem vorgeschlagenen § 6b GUG soll die Entscheidung des EGMR vom 6. April 2021, 5434/17, Liebscher/Österreich umgesetzt werden, in der er aussprach, dass Österreich im Anlassfall das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK verletzt hat, weil die mit dem Fall befassten Gerichte für die Frage der Veröffentlichung des Scheidungsvergleichs in der Urkundensammlung des Grundbuchs keine Abwägung zwischen dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers einerseits und den Zwecken der Öffentlichkeit des Grundbuchs, also dem Interesse des Staates und des Rechtsverkehrs an der Richtigkeit, Genauigkeit und (auch nachträglichen) Überprüfbarkeit von Grundbuchseintragungen andererseits vorgenommen haben. Diese Möglichkeit ist derzeit gesetzlich nicht vorgesehen.

Der Oberste Gerichtshof hat zu 8 Ob 3/22g bereits ausgesprochen, dass aufgrund eines Lückenschlusses sich das Grundbuchsgericht nach Einsicht in den gesamten Scheidungsfolgenvergleich mit der Veröffentlichung einer Teilausfertigung in der Urkundensammlung begnügen kann, um dem Grundrecht der Antragsteller:innen auf Schutz persönlicher Daten im Sinn des Art. 8 EMRK Rechnung zu tragen. Darüber hinaus haben Vertragsverfasser damit begonnen, Geheimhaltungsinteressen möglichst schon an der Quelle, nämlich bei der Formulierung der Eintragungsgrundlagen zu berücksichtigen.

Die Entscheidung des EGMR ist dennoch auch durch eine explizite gesetzliche Regelung in seine nationale Rechtsordnung umzusetzen. Diese Umsetzungspflicht geht über den konkreten Einzelfall hinaus und umfasst auch generelle Maßnahmen des Staates, um künftige gleichartige Konventionsverletzungen hintanzuhalten.

Gegenstand des § 6b GUG des Entwurfs ist die gebührenfreie Möglichkeit einer Person, deren Daten des Privat- oder Familienlebens in einer Urkunde enthalten sind, die durch Speicherung in der Urkundendatenbank in die Urkundensammlung aufgenommen worden ist oder werden soll, einen Antrag zu stellen, damit die Einsicht in diese Urkunde beschränkt wird. Das Antragsrecht ist zeitlich nicht befristet. Es umfasst auch alle digital abrufbaren Urkunden, die in der Vergangenheit in der Urkundendatenbank des – durch das Grundbuchsumstellungsgesetz – umgestellten Grundbuchs gespeichert wurden. Die Umstellung wurde im Laufe des Jahres 2006 abgeschlossen. Über den Antrag entscheidet der:ie Richter:in des Bezirksgerichtes, in dessen Sprengel die Liegenschaft liegt, im Verfahren außer Streitsachen.

Bis zur endgültigen Entscheidung ist die Urkunde in der Urkundensammlung für die öffentliche Einsicht zu sperren und es ist zusätzlich eine um die antragsgegenständlichen Daten bereinigte Fassung in die Urkundensammlung aufzunehmen, um zu verhindern, dass die Erledigung eines Grundbuchsantrags auf Verbücherung wegen des Antrags auf Beschränkung der Urkunde verzögert wird (Abs. 3).

Das Gericht hat dem Antrag stattzugeben, soweit die antragstellende Person ein berechtigtes Interesse darlegt, dass bestimmt bezeichnete Daten nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, und dieses Interesse das Interesse an der Richtigkeit, Genauigkeit und Überprüfbarkeit von Grundbuchseintragungen überwiegt (Abs. 4). Daten wie etwa ein Kaufpreis oder die Parteien des Titelgeschäfts sind jedenfalls offen zu legen. Daten der Grundbuchseintragungen selbst, wie etwa Geburtsdaten oder Pfandrechte für Kredite sind von der Regelung von vornherein nicht betroffen.

Wenn das Gericht dem Antrag ganz oder teilweise stattgibt, hat es eine um die betroffenen Daten bereinigte Fassung der Urkunde herzustellen oder dem Antragsteller aufzutragen, eine solche bereinigte Fassung vorzulegen. Jede Person kann in die für die öffentliche Einsicht gesperrte ursprüngliche Fassung Einsicht nehmen, wenn sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, das dem Interesse der Geheimhaltung überwiegt (Abs. 6).

Mit § 6c GUG und den §§ 93 Abs. 4 und 178 Abs. 4 AußStrG soll darüber hinaus gewährleistet werden, dass in bestimmten familien- und erbrechtlichen Fällen, in denen mit einer gewissen Anzahl an Anträgen gerechnet werden kann, von vornherein keine Antragstellung im Einzelfall notwendig ist. Es soll zukünftig amtswegig eine gesonderte Ausfertigung erstellt und mit § 6c GUG sichergestellt werden, dass nur diese gesonderten Ausfertigungen in die Urkundensammlung aufgenommen werden und nicht auch die ursprünglichen Ausfertigungen. So können zukünftig beispielsweise in Scheidungsvergleichen enthaltene Regelungen über den Kindesunterhalt oder die Obsorge von der öffentlichen Einsicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Für den Fall der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung wird geregelt, dass nur die Exekutionsbewilligung, nicht aber der zugrundeliegende Titel in die Urkundensammlung aufgenommen wird, weil die Informationen in der Exekutionsbewilligung den Zwecken des Grundbuchs ohnehin Genüge tun und es potentiell eine Vielzahl an Exekutionstitel geben kann, bei denen Antragstellungen denkbar sind.

2. Regelungen im Gerichtsgebührengesetz

Die Änderungen zu § 18 Abs. 2 und TP 9 lit. d dienen der Klarstellung der Rechtslage und der Bereinigung von Redaktionsversehen.

Die Begutachtungsfrist endet am 19. Oktober 2023.

Das Bundesgesetz, mit dem das Grundbuchsumstellungsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Außerstreitgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Grundbuchs-Novelle 2023 – GB-Nov 2023) samt Erläuterungen und Wirkungsorientierter Folgenabschätzung (WFA) sowie die Textgegenüberstellung stehen Ihnen hier zur Verfügung:

Downloads:

Gesetzestext (PDF, 145 KB)

Textgegenüberstellung (PDF, 159 KB)

Erläuterungen (PDF, 118 KB)

Wirkungsorientierte Folgenabschätzung (PDF, 305 KB)